Alex Zachary vor seiner Galerie

Alex Zachary, New York City
 

Vor knapp einem Jahr eröffnete Alex Zachary eine Galerie auf der Upper East Side, dort, wo niemand einen Junggaleristen vermutet, inmitten von altem Geld und nur einen Steinwurf von der Museumsmeile entfernt. Von Gianni Jetzer
 
Überhaupt macht Alex Zachary alles ein bisschen anders. Er studierte Altgriechisch, aber ließ die Universität letztlich hinter sich auf der Suche nach mehr Gegenwart. Seinen ersten bezahlten Job hatte er am Empfang von Gavin Browns Galerie, eine der ersten Adressen der Stadt für außergewöhnliche Projekte. Er arbeitete sich schnell hoch und setzte etwa unter enormem Zeitdruck Urs Fischers Projekt »You« um, für das der Künstler in der Galerie eine drei Meter tiefe Grube ausheben ließ. Damit trat er den Beweis an, dass auch im kommerziellen Kunstbetrieb einer Stadt, die gesetzlich alles überreguliert, (fast) alles möglich ist. Dennoch war Zachary dieser Alltag zu eintönig. Eine Galerie für seine Generation musste her. Aber weder reizte es ihn, eine Juniorversion von Gavin Brown zu sein, noch eine weitere Galerie in der Lower East Side aufzumachen. Er suchte bewusst auf der noblen Upper East Side (wo er auch aufgewachsen ist), einem blinden Fleck der zeitgenössischen Kunstszene. Was er schließlich auf dem kriselnden Immobilienmarkt Manhattans angeboten bekam, zwang ihn geradezu, seinen Plan in die Tat umzusetzen. Von Außen kündigt sich in keiner Weise an, was für ein versponnenes Interieur sich im Inneren des Hauses verbirgt. 1979 kaufte ein stadtbekannter Designunternehmer das Gebäude und baute Keller- und Erdgeschoss zur futuristischen Stadtresidenz um. Diese Räume sind auch heute für jeden Künstler eine Herausforderung, und Zachary gibt offen zu, dass sie das Programm mitbestimmen. Hier ist nicht alles möglich, doch entsteht vieles, was anderswo unmöglich wäre.

Ausstellungsansicht, Rainer Ganahl »Language of Emigration & Pictures of Emigration«, 2010
Ausstellungsansicht »Bloodflames III«, kuratiert von Nick Mauss, 2010
Rainer Ganahl (*1961) stellte für seine Ausstellung »Language of Emigration & Pictures of Emigration« im Frühjahr 2010 sieben Monitore in die leere Galerie. Jeder einzelne strahlte ein Interview mit deutschsprachigen Immigranten aus, die in Amerika eine neue Heimat gefunden haben. Traumatische und gewöhnliche Erzählungen verweben sich zu einem Teppich der Erinnerungen, die Wohnungen der Interviewten werden in den Filmen und Fotos zur objekthaften Darstellung ihrer Biografie. Die Galerie bot den perfekten Rahmen dazu, die ehemalige Funktion als Wohnung ist trotz fehlender Möblierung deutlich spürbar. Roberta Smith lobte Ganahls Ausstellung in der New York Times als Höhepunkt einer außergewöhnlichen Karriere.

Zachary drückt sich davor, Galeristen-Vorbilder beim Namen zu nennen. Doch betont er, dass er auf eine Programmgalerie abzielt, bei der die Künstler im Vordergrund stehen und nicht der Galerist. Er zieht die Fäden lieber im Hintergrund. Zu diesem Konzept gehören auch Gastkuratoren. Der junge, amerikanische Künstler Nick Mauss steuerte unlängst »Bloodflames III« bei, eine Gruppenausstellung, deren Titel einer Surrealistenschau von 1947 entlehnt ist. Mauss erweiterte die Präsentation von Kunst durch Theater, Architektur und Design. Handschriftliche Notizen des Sängers Antony Hegarty zu Jean Genets Erstlingsroman »Notre-Dame-des-Fleurs« trafen auf eine kitschige Nymphenburg-Porzellanfigur. Ein handgeknüpfter Teppich von Evelyn Wyld lag im zweigeschossigen Wohnzimmer, nicht weit davon kleine Tonbüsten aus den 20er Jahren, gefertigt von Wylds damaliger Geliebten Eyre de Lanux. Der Künstlerkurator hat seine Lieblingsstücke zusammengetragen. Viele davon hat er zuvor noch nie gesehen, wie er im Pressetext sagt. 

Nach intensiverer Auseinandersetzung mit Zacharys Geschäftsphilosophie verspürt man das Bedürfnis ihn zu fragen, warum er überhaupt eine Galerie eröffnet hat und nicht etwa einen Off-Space. Die Antwort darauf ist eindeutig. Seine Vision ist es, Künstler gezielt über einen längeren Zeitraum zu unterstützen und sie bei der Produktion von ungewöhnlichen Projekten zu begleiten. Dafür eignet sich die langfristige Liaison Galerist-Künstler besser als das institutionelle Kuratieren. Studiobesuche macht Zachary ein paar pro Monat, wobei er selten das findet, was er sucht. Meist holt er sich Informationen von befreundeten Künstlern wie Ken Okiishi, mit dessen Ausstellung die Galerie eröffnete und der zusammen mit Nick Mauss das Logo gestaltete. 

Die Galerie verändert sich jeden Tag, stellt Zachary zufrieden fest. Die exzentrischen Räume bespielt er jetzt einmal für zwei Jahre, wie es dann weiter gehen soll, lässt er offen.

GIANNI JETZER ist Direktor des Swiss Institute in New York City. GIANNI JETZER

Alex Zachary 
16 East 77th Street
New York City
front@alexzachary.com
www.alexzachary.com