In der Rolle des Künstlers, Kurators und Produzenten setzt Jeremy Deller (*1966) sich mit historischen, sozialen oder alltagskulturellen Themen auseinander. Sein Film »Battle of Orgreave« (2001) etwa war ein Re-enactment eines gewalttätigen Zusammenstoßes zwischen streikenden Bergarbeitern und der Polizei 1984. 2004 wurde Jeremy Deller für die Multimediainstallation »Memory Buket« (2003) mit dem Turner Prize ausgezeichnet. Er lebt in London.

Haroon Mirza
In »Nightlife FM« (2007) kondensiert in einem alten Mülleimer Wasser mittels eines Verdampfers. Diesen Wechsel zwischen den Aggregatzuständen übersetzt Mirza in eine audio-visuelle Kettenreaktion: ein Tonabnehmer überträgt Impulse an einen Lichtsensor, wodurch die Frequenz des Verdampfens als stroboskopartige Lichtfolge, ausgesendet von einer Fahradlampe, sichtbar wird. Der Sensor aktiviert dann durch elektromagnetische Impulse einen Radioempfänger, das Replikat eines Buschradios aus den 1950ern, und macht die Kondensation des Wassers als Geräuschfolge hörbar – »evoking foghorns at sea or the sinister purring of robotic cats« (Richard Cork). *1977, lebt in London.

Im Projekt »The Dawn of the Birth of the Battle of the Right to Life VS. the Law of Death« (2006) dreht sich alles um Jarrett Mitchells obsessive Beschäftigung mit von Wildwechsel verursachten Autounfällen. Er erzeugt ein Environment aus naiver Malerei mit Folk-Elementen, Videointerviews, in denen Leute über ihre Autounfälle sprechen, Skulpturen und Readymades, wie der Stoßstange eines Lastwagens oder ausgestopfte Rehe. »Ich würde es als eine unbequeme Zusammenführung von Heidentum, Straßentod und Al-Jazeera bezeichnen, vermengt mit den Wurzeln drängender politischer und ideologischer Konflikte, aber ohne die omnipräsente Propaganda.« (Jeff Jahn, curator). *1977, lebt in Lagrange, Kentucky.

»Did you kiss the foot that kicked you?« ist ein groß angelegtes Projekt rund um den Folksänger, Autor und Marxisten Ewan MacColl, in das über hundert Straßenmusikanten involviert wurden – »eine einfache Performance, ein autonomer Akt« (Ruth Ewan). »Did you kiss ...« ist eine Liedzeile aus MacColls »Ballad of Accounting«, einem Song über das Leben mit Fragen wie »Did you learn to dream in the morning?« oder »Did you stand aside and let them choose while you took second best?«. Im November 2007 fand das Projekt eine Woche lang als koordinierte »Rush Hour Performance« in London statt. »Ballad of Accounting« wurde von den Musikanten in ihr Repertoire aufgenommen und an verschiedensten Plätzen gespielt, sodass das Projekt für niemanden in seiner Ganzheit, sondern nur in Details erfahrbar war: an der Themse als Bläserformation, oder als Gitarrensong an einer ruhigen Straßenecke. *1980, lebt in London.

Der 45 minütige Film »Pilgrimage from Scattered Points« (2006) ist ein Porträt des englischen Komponisten und linken Aktivisten Cornelius Cardew und dessen musikalisches Sozialexperiment »Scratch Orchestra«. Das Orchester führte »Scratch Music« auf – Musik, die auf verbalen oder graphischen Instruktionen basiert – und lehnte den konventionellen Musikbetrieb ab. Fowler geht in seinem Dokumentarfilm den Konflikten nach, die sich innerhalb der Gruppe zwischen seiner Gründung 1969 und seiner Auflösung Mitte der 1970er entwickelten. Es kam letztendlich zum Bruch zwischen der Mao-Fraktion, für die Musik den Menschen zu dienen habe, und ihrem bourgeoisen Gegenpart, der sich für eine freie Kunst einsetzte. Fowler verwebt Found Footage, Interviews, Originaltexte und unveröffentlichte Stücke zu einem visuell beeindruckenden Tribute an den politischen Freigeist. *1978, lebt in Glasgow.

Cary Kwok zeichnet mit Kugelschreiber lustige, kleinformatige, hyperrealistisch-illustrative Porträts von Frauen mit glamourösen Frisuren, schwule Männer, erigierte Penisse und über allem viel Ejakulat. Orgiastisch-fantastische Oden an das nie versiegende Ejakulat. *1975, lebt in London.